Diabetes: Füße gefährdet | PZ - Pharmazeutische Zeitung

2021-12-14 18:14:19 By : Ms. Candy Lee

Von Nicole Schuster / Normalerweise heilen kleine Wunden an den Füßen schnell. Nicht so für viele Menschen mit Diabetes. Die Kombination aus Nervenschädigung und Durchblutungsstörung kann aus kleinen Verletzungen ein großes Problem werden lassen. Dann sind die Füße in großer Gefahr.

Fußprobleme treten besonders häufig bei Menschen mit Diabetes mellitus auf. 2 bis 10 Prozent der Patienten leiden als Langzeitfolge der Stoffwechselstörung an einem diabetischen Fußsyndrom (DFS). Für Deutschland bedeutet das: Von rund 7 Millionen Diabetespatienten sind bis zu 700.000 betroffen – sowohl Typ-1- als auch Typ-2-Diabetiker. Allein im Jahr 2010 war die DFS für mehr als 48.000 Amputationen verantwortlich. 

Deutschland hat das in einer gemeinsamen Erklärung auf einer internationalen Konferenz im italienischen St. Vincent 1989 geforderte Ziel, die Amputationsraten innerhalb der nächsten fünf Jahre um die Hälfte zu halbieren, deutlich verfehlt (1). Experten schätzen, dass bis heute rund 70 Prozent aller Fußamputationen in Deutschland auf Diabetes zurückzuführen sind. Auf dem Symposium „Diabetic Foot Syndrome Update 2015“ in Regensburg (2) diskutierten Experten über Ursachen, diagnostische Möglichkeiten und die multidisziplinäre Behandlung des DFS.

Besonders gefährdet sind Patienten mit langer Krankheit und schlecht eingestelltem Blutzucker. Weitere signifikante Risikofaktoren sind Nervenschädigungen (Polyneuropathie) und eine Verengung der Blutgefäße im Bein (periphere arterielle Verschlusskrankheit, pAVK). Weitere Faktoren sind Adipositas, mangelnde Compliance in der antidiabetischen Therapie, diabetische Ulzera in der Anamnese, Fußdeformitäten wie Hallux valgus, veränderte Bewegungsmuster, schlechte und falsche Fußpflege, ungeeignetes Schuhwerk, niedriger sozialer Status und niedriger Bildungsstand. Fußgeschwüre sind nicht nur eine finanzielle Belastung für das Gesundheitssystem; vor allem reduzieren sie die Lebensqualität der Betroffenen deutlich (2, 3).

Der Apotheker und sein Team spielen auch bei der Information und Schulung eine wichtige Rolle. Sie kennen ihre langjährigen Diabetespatienten und sollten sich Zeit für ihre Beratung nehmen. Dabei geht es nicht nur um eine optimale Blutzuckerkontrolle, sondern auch um geeignete Pflegeprodukte und vorbeugende Maßnahmen für die Fußgesundheit. Dazu gehören die regelmäßige (Selbst-)Kontrolle der Füße, das Tragen von geeignetem Schuhwerk, eine sorgfältige Fuß- und Nagelpflege sowie die sofortige Behandlung von pathologischen Veränderungen am Fuß. Patienten sollten ihre Füße mindestens einmal im Jahr – bei erhöhtem Risiko auch öfter – ärztlich untersuchen lassen (2, 3). Besteht eine Kooperation zwischen Apothekern und behandelnden Ärzten bei Prävention und Schulung, profitieren insbesondere Menschen mit Diabetes (Kasten).

Neuropathie: Füße trocken, warm und rot

Nervenschäden sind eine der Hauptursachen für das diabetische Fußsyndrom. Sie sind das Ergebnis jahrelanger erhöhter Blutzuckerwerte. Die Polyneuropathie führt zu Sensibilitätsverlust und Taubheitsgefühl; Schmerz- und Temperaturempfindlichkeit werden reduziert. Dadurch erhöht sich das Verletzungsrisiko, beispielsweise durch Verbrennungen durch zu heiße Fußbäder. Außerdem merken Patienten nicht mehr, wenn die Schuhe zu klein oder zu eng sind, scheuern oder Blasen verursachen.

Gefährlich bei Diabetes: Aus kleinen Verletzungen wie Hautbläschen oder Hornhautrissen können gefährliche Wunden werden. Die Datei ist daher tabu.

Durch die Schädigung des vegetativen Nervensystems nimmt auch die Schweißproduktion ab. Dadurch und da die Hautgefäße bei der Polyneuropathie erweitert sind, erscheint der Fuß trocken, warm und gerötet – eine Besonderheit, die auch zur Diagnose herangezogen wird.

Die Polyneuropathie beeinflusst auch die Motorik. Sind Nerven, die durch die Muskulatur verlaufen, geschädigt, verändert sich der Abrollvorgang des Fußes, was sich als krankhafte Fehlbelastung des Vorfußes bemerkbar macht. Patienten mit Polyneuropathie zeichnen sich durch kleine, unsichere Schritte und einen langsamen Gang aus. Darüber hinaus können Muskelabbau und Fehlstellungen wie Klauen- und Klauenzehen auftreten.

Fußverformungen resultieren auch aus dem Verlust von Fettgewebe und einer erhöhten Wassereinlagerung. Diese begünstigen neben der fehlenden Schmerzwahrnehmung auch Druckstellen, Blasen und Schwielen bei ungeeignetem Schuhwerk. Aber auch kleinere Verletzungen wie Risse in der keratinisierten Haut sind gefährliche Eintrittspforte für Bakterien und Pilze, die sich vom Entzündungsherd unbemerkt ausbreiten können (2, 3).

Durchblutungsstörungen: Füße feucht, kalt und blau

Bei peripheren arteriellen Durchblutungsstörungen (pAVK) verengen oder schließen sich die Arterien und der Blutfluss ist mangelhaft. Im Vergleich zur stoffwechselgesunden Bevölkerung leiden Diabetiker häufiger an einer pAVK vom Unterschenkeltyp. Ein Fuß mit schlechter Durchblutung ist leicht zu erkennen: Er ist kalt, feucht und bläulich-blass.

Leiden Patienten gleichzeitig an einer Neuropathie, bleibt die Durchblutungsstörung aufgrund des fehlenden Schmerzempfindens oft unbemerkt (2, 3). Im Verlauf der PAVK heilen jedoch auch kleine Verletzungen nicht mehr und Gewebe stirbt ab. Irgendwann ist das körpereigene Immunsystem machtlos gegen Infektionen, da die Antikörper aufgrund der fehlenden Durchblutung kaum noch an den Entzündungsort gelangen können.

Trotz der oft erheblichen Schäden gehen viele Patienten mit Ulzerationen zu spät zum Arzt. Die Vernachlässigung der Füße hat eine Reihe von Gründen. Auch für die Psyche spielt laut dem Münchner Diabetologen Dr. Arthur Grünerbel vom Fußnetz Bayern eine Rolle (2): „Durch die gestörte Schmerzwahrnehmung spüren die Patienten nichts mehr in ihren Gliedmaßen, verlieren das Gefühl der körperlichen Unversehrtheit und irgendwann denke: Das gehört mir nicht mehr, deshalb muss ich mich nicht mehr darum kümmern «. Zu bedenken ist auch, dass die Krankheit vor allem ältere Menschen betrifft, deren Mobilität es ihnen unter Umständen nicht mehr erlaubt, ihre Füße genau zu untersuchen. Auch Fettleibigkeit kann dies erschweren.

Die diabetische Neuroosteoarthropathie, bekannt als Charcot-Fuß, ist eine schwerwiegende Komplikation des diabetischen Fußes (Kasten).

Im Jahr 2000 gründeten die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und die Bundesapothekerkammer (BAK) die Kommission EADV (Beteiligung der Apotheker in der Diabetesversorgung). Ihr Ziel ist es, dass gut ausgebildete Apotheker zu einer besseren Versorgung von Diabetikern beitragen und präventive Maßnahmen anbieten. Dazu hat die EADV die zertifizierbare Fortbildung zum »Diabetologisch geprüften Apotheker DDG« entwickelt. Interessierte Apotheker können sich über ihre jeweilige regionale Apothekerkammer beteiligen. Informationen und Arbeitsmaterialien stehen auf der Website des ABDA - Bundesverband Deutscher Apothekerverbände unter www.abda.de/kommission-eadv.html zur Verfügung.

Eine weitere Möglichkeit, sich intensiv mit der Beratung von Diabetespatienten auseinanderzusetzen, bietet die Fachweiterbildung Diabetes, die zum 1. Januar 2014 offiziell in die Weiterbildungsordnungen in Bayern und Baden-Württemberg aufgenommen wurde und nun gestartet ist. Die „Schwerpunkte“ stellen eine Spezialisierung innerhalb eines Weiterbildungsbereichs für Apotheker dar. In der Weiterbildung zum Thema Diabetes besuchen die Teilnehmer insgesamt 36 Kursstunden. Für einen erfolgreichen Abschluss müssen sie unter anderem ein dreitägiges Praktikum in einer Diabetesklinik oder einer diabetologischen Praxis nachweisen können. Informationen unter www.blak.de/schwerpunkt-diabetes.html.

Diagnose von Anamnese bis CT

Die Identifizierung von Risikopatienten liegt in der Verantwortung des Arztes. Dabei helfen Daten aus der Anamnese, wie Berichte über frühere Fußläsionen, und der klinischen Untersuchung. Der Arzt wird prüfen, ob Schwielen, Risse in der Hornhaut, Verletzungen oder Infektionen vorhanden sind und ob Veränderungen des Teints wie Trockenheit aufgetreten sind. Je nach Befund werden dann gezielte Untersuchungen durchgeführt.

Der Stimmgabeltest nach Rydell-Seiffer kann auf eine mögliche Nervenschädigung hinweisen. Der Arzt hält das Instrument gegen die Großzehengrundgelenke und bittet den Patienten anzugeben, wie lange er die Vibration gespürt hat. Bei Nervenschädigungen lässt die Empfindung schneller nach als bei Gesunden (2, 4). Die Druckempfindlichkeit wird mit einem Monofilament getestet. 

Das diabetische Fußsyndrom kann zu Nekrose führen.

Dazu wird das Filament jeweils für eine Sekunde aufgesetzt. Nimmt der Patient den dadurch erzeugten Druck nicht mehr wahr, ist das Berührungsempfinden bereits erheblich eingeschränkt. Das Verfahren ist nur geeignet, wenn die Haut nicht stark verhornt oder vernarbt ist. Es ist wichtig, immer beide Füße zu untersuchen (2, 3, 4).

Die Pulsmessung an Beinen und Füßen kann einen ersten Hinweis auf eine PAD geben. Sind die Arterien verengt oder verstopft, sind die Arterien nicht oder nur schwach tastbar. „Allerdings lässt sich allein über den Pulsstatus keine verlässliche Aussage über das Vorliegen einer relevanten pAVK treffen“, sagt Privatdozentin Dr. Karin Pfister, Oberärztin in der Klinik für Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums Regensburg (2). Aussagekräftiger ist der Knöchel-Arm-Index (ABI), bei dem der systolische Blutdruck über dem Knöchel durch den des Oberarms geteilt wird. Gerade bei Diabetespatienten liefert die ABI-Messung jedoch aufgrund von Kalkablagerungen in der Gefäßwand oft keine validen Ergebnisse.

Bei Verdacht auf pAVK sollte eine Doppler-Sonographie von einem Gefäßspezialisten durchgeführt werden. Bei dieser speziellen Ultraschalluntersuchung wird die Geschwindigkeit des Blutflusses gemessen und grafisch dargestellt (2, 5). Je nach Ultraschallbefund kann eine weitere Diagnostik mit Magnetresonanz oder Computertomographie (MRT oder CT) durchgeführt werden.

Als Komplikation des diabetischen Fußes kann die diabetische Neuroosteoarthropathie (DNOAP), der sogenannte Charcot-Fuß, auftreten. Charakteristisch ist, dass es im Fuß immer mehr Knochenbrüche gibt, wodurch der Patient lange Zeit keine Schmerzen verspürt.

Für die Entwicklung sind zwei Mechanismen denkbar. Einerseits kann eine durch Neuropathie verursachte erhöhte Durchblutung und ein verstärkter Abbau des Knochens zu dessen Erweichung führen. Andererseits kommt es durch die fehlende Schmerzwahrnehmung zu Fehlstellungen und Überlastungen, die Knochen und Gelenke zerstören. Das akute Stadium ist durch Schwellung, Rötung und Überhitzung gekennzeichnet. Druckentlastung und Ruhigstellung gehören zur Therapie.

Leidet der Patient bereits an Fußgeschwüren, ist eine adäquate Versorgung immens wichtig, um irreparable Folgeschäden und Amputationen zu vermeiden. Die Säulen der Therapie sind:

Menschen mit diabetischem Fußsyndrom benötigen eine umfassende und vielschichtige Behandlung.

Experten arbeiten interdisziplinär zusammen. Die Grundversorgung und Prophylaxe erfolgt in der Regel durch den Hausarzt, Internisten oder Diabetologen, manchmal auch durch einen spezialisierten Chirurgen. Der Patient muss engmaschig überwacht werden und bei Bedarf in kurzen Abständen kommen. In vielen Fällen kann die Zusammenarbeit mit einem Podologen (medizinischen Podologen) von Vorteil sein. Er hilft und berät bei der Fußpflege oder kümmert sich sogar ganz darum. In Absprache mit dem Arzt kann der Podologe auch kleinere Verletzungen behandeln oder keratinisierte Haut um Geschwüre entfernen. Bei entsprechender Verordnung übernehmen die Krankenkassen die Kosten für diese Leistungen.

Außerdem können Podologen ein Bindeglied zwischen Patient, Arzt und Orthopädieschuhmacher sowie dem Physiotherapeuten sein. Wichtig ist auch, spezialisierte Schuhmacher zu haben, die die Schuhe dem Stadium des Patienten anpassen (2, 3).

Eine über die Grundversorgung hinausgehende Behandlung kann beispielsweise durch einen Diabetologen in einer Fachpraxis erfolgen, der mit anderen Fachdisziplinen wie Angiologen, Chirurgen, Orthopäden und Gefäßchirurgen zusammenarbeitet. Neben der Behandlung von Geschwüren liegt der Fokus auf der Optimierung des Blutzuckerspiegels, der konsequenten Behandlung von Begleiterkrankungen und der Anleitung zur richtigen Ernährung. Eine Schulung der Betroffenen und ihrer Angehörigen ist unabdingbar (Grafik) (2, 3).

Der Apotheker und sein Team sind für viele Patienten wichtige Ansprechpartner. Er kann nicht nur auf die Bedeutung regelmäßiger Blutzuckermessungen und der permanenten normalen Stoffwechselkontrolle hinweisen, sondern auch selbst Kontrollmessungen durchführen und die Werte erläutern. Viele Fragen, die Betroffene beim Arzt vielleicht nicht zu stellen wagen, werden eher in der Apotheke beantwortet. Gerade in Sachen Ernährung und Nahrungsergänzungsmittel sind sie oft dankbar, wenn sie in der Apotheke fundierte Beratung bekommen – neben den vielen Laieninformationen in Zeitschriften oder im Internet.

Bei sehr schweren Erkrankungen wird der Patient am besten in einer Diabetes-Fußklinik betreut. Die Adressen dieser Fachinstitutionen kann ihm das Apothekenteam mitteilen (zB bei: Arbeitsgemeinschaft Diabetischer Fuß, www.ag-fuss-ddg.de/einrichtungen.html).

Die Behandlung von Ulzerationen ist eine Herausforderung (Tabelle). Zunächst sollte infiziertes und abgestorbenes Gewebe entfernt werden, in der Regel chirurgisch oder mechanisch. Eine Sonderform dieses Debridements ist die Verwendung von Maden der Goldfliege Lucilia sericata. 

Gut beraten in der Apotheke

Auch hier wird die Wunde gereinigt, Pilze und Bakterien beseitigt (2, 6). Ziel der Rehabilitation des Wundbettes ist immer, es für eine weitere Behandlung empfänglich zu machen.

Die Behandlung mit Farbstoffen wie Ethacridin-Lactat, Brillantgrün oder Kristallviolett ist obsolet, aber in der Praxis noch üblich. Fußbäder oder lokale Antibiotikatherapien bei offenen Wunden gehören ebenfalls nicht zum modernen Wundmanagement. Da Wunden nicht an der Luft, sondern in einer feuchten Umgebung am besten heilen, ist die Auswahl eines geeigneten Verbandes ein wichtiger erster Schritt. Die Anforderungen an das Material sind hoch: Der Verband soll die Wunde feucht halten, überschüssiges Exsudat aufnehmen, vor Sekundärinfektionen und Kontaminationen schützen und sich atraumatisch entfernen lassen.

Bereits Anfang der 1970er Jahre entwickelte der amerikanische Professor TD Turner sieben Kriterien für eine hydroaktive moderne Wundauflage. Diese sind:

Grundsätzlich stehen aktive und passive Wundauflagen zur Verfügung. Erstere unterstützen aktiv den Heilungsprozess. Ein Beispiel sind Verbände auf Kollagenbasis. Sie sollen die Bildung von körpereigenem Kollagen anregen und dadurch die Granulation und Epithelisierung beschleunigen. Darüber hinaus deaktiviert und bindet das Material wundheilungshemmende Proteasen (MMP: Matrix-Metallo-Proteasen). Passive Pads nehmen austretende Flüssigkeiten auf und haben auf der Wundseite hydrophobe Materialien, die ein Verkleben verhindern. „Moderne Materialien wie Hydrofasern oder Alginate können das 30-fache ihres Eigengewichts inklusive Exsudat, Keime und Detritus aufnehmen und das Wundexsudat wird in den Fasern gespeichert“, erklärt Dr. Stephan Schrinner, Chirurg und Unfallchirurg vom Ambulanten Behandlungszentrum Nürnberg Klinik (2).

Diese Pads werden besonders bei stark exsudierenden Wunden empfohlen. Bei jedem Verbandwechsel wird die Wunde gereinigt. Bei einer Infektion empfiehlt Schrinner als Antiseptika Polyhexanid, Octenidindihydrochlorid oder Polyvinylpyrrolidon (2).

Eine systemische Antibiotikatherapie ist nur bei nach klinischen Kriterien infizierten Wunden indiziert. Voraussetzung ist, dass die Art der Keime genau bekannt ist. Für das Antibiogramm entnimmt der Arzt tiefe Gewebeproben, die aussagekräftiger sind als oberflächliche Abstriche.

Die anfangs ausgewählten Antibiotika sollten die häufigsten Krankheitserreger erfassen; später müssen die Wirkstoffe dem Antibiogramm angepasst werden. Dabei ist die Gewebepenetration zu berücksichtigen. Aminoglykoside zum Beispiel dringen aufgrund ihrer guten Wasserlöslichkeit kaum in das Gewebe ein. Die zusätzliche Gabe von Beta-Lactamase-Hemmern ist in der Regel angezeigt.

Eine antibiotische Therapie kann parenteral oder oral verabreicht werden. Bei schweren oder lebensbedrohlichen Infektionen müssen Patienten stationär behandelt werden (3).

Eine Druckentlastung ist erforderlich, um eine Verschlechterung des Geschwürs zu verhindern. Solange die mechanische Belastung anhält, kann auch die bestmögliche Wunde trotz ausreichender Blutversorgung nicht heilen.

Die strengste Form der Entlastung ist feste Bettruhe, die gerade bei älteren Patienten wegen der Gefahr einer dauerhaften Ruhigstellung nur das letzte Mittel sein sollte. Besser geeignet sind Krücken oder ein Rollstuhl. Eine teure Lösung ist die Ruhigstellung im Vollkontaktgips (TCC).

Spezialschuhe bestehen aus einer stabilen Kunststoffschale und einem Vakuumkissen, das sich jeder Fuß- und Unterschenkelform anpasst. Der Patient kann weiterhin mobil sein. Voraussetzung ist, dass die Orthese korrekt gefertigt, konsequent getragen und regelmäßig kontrolliert wird. Viele Betroffene gehen jedoch gelegentlich ohne Orthese, beispielsweise beim nächtlichen Toilettengang. Die Patientenaufklärung beinhaltet daher regelmäßige Hinweise, dass auch einzelne Belastungsschritte die Heilung eines Fußgeschwürs verzögern oder verhindern können. Wir empfehlen daher, die Orthese im Sitzen oder Liegen zu tragen (2, 3).

Der letzte Ausweg der Behandlung ist eine Amputation. Bei einer Major-Amputation erfolgt die Trennung oberhalb des Sprunggelenks, bei einer Minor-Amputation werden Teile des Fußes operativ entfernt. 

Der Chirurg ist in verschiedenen Stadien der Wundversorgung gefragt.

Die Amputationsfläche sollte so klein wie möglich gehalten und so begrenzt werden, dass belastungsfähige Bereiche erhalten bleiben. In Deutschland kommt dies zumindest in ausgewählten Zentren immer häufiger vor.

Vor jeder Amputation ist eine Gefäßdiagnostik obligatorisch. Nur so lässt sich feststellen, wie viel vom Fuß tatsächlich entfernt werden muss und wie eine erfolgreiche Gefäßreplantation gewährleistet ist (3). „Eine rechtzeitige, stadiengerechte Revaskularisation kann oft größere Amputationen verhindern“, sagt Dr. Wilma Schierling, Oberärztin in der Poliklinik für Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums Regensburg (2). Zur Revaskularisation stehen interventionelle Techniken (invasive Verfahren, die nicht als Operation gelten) wie Ballondilatation oder Stentimplantation sowie chirurgische Lösungen wie das Bypass-System zur Verfügung.

In spezialisierten Rehabilitationseinrichtungen lernen Patienten mit (Teil-)Prothesen wieder mobiler und selbstständiger zu werden. Es ist wichtig, Angehörige einzubeziehen – gerade bei älteren Menschen.

Bei der Rehabilitation sollte nicht nur die körperliche Mobilität im Fokus stehen. Es ist sehr wichtig, auch die Psyche zu behandeln. Schließlich ist der Verlust eines Körperteils eine traumatische Erfahrung. Als hilfreich haben sich beispielsweise Gesprächsrunden mit Betroffenen erwiesen, die bereits eine Amputation hinter sich haben und wieder ins Leben zurückgefunden haben.

Die Entfernung erkrankter Gliedmaßen ist noch lange nicht das Ende der Prävention. Einerseits hat der Patient meist einen anderen Fuß, auf den er nun noch mehr achten muss. Andererseits erfordert die hohe Rezidivrate von Fußläsionen auch nach einer Amputation ständige Wachsamkeit. Im schlimmsten Fall besteht die Gefahr, dass weitere Körperteile verloren gehen (2). /

Nicole Schuster studierte zwei Semester Medizin, dann Pharmazie und Germanistik in Bonn und später in Düsseldorf. Während ihres Studiums absolvierte sie Praktika bei verschiedenen wissenschaftlichen Verlagen. Nach dem zweiten Staatsexamen und der Approbation im Jahr 2010 absolvierte Schuster ein Aufbaustudium in Geschichte der Pharmazie in Marburg und arbeitet seitdem an ihrer Dissertation über traditionelle pflanzliche Heilmittel.

E-Mail: nicole.m.schuster@gmx.de